Magdeburger Nahverkehr > Sichtungen (mit und ohne Bilder)

Ansichtskartenreise mit der Magdeburger Straßenbahn

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In aktuellen städtebaulichen Debatten entzündet sich in ostdeutschen Städten und so auch in Magdeburg immer wieder der Streit über die Entwicklungsräume und Bauten der Nachkriegszeit. Sie werden als Bruch, Konfrontation, Zerstörung und Verlust historischer Qualitäten, mindestens aber wegen ihrer unangemessenen Gestalt und Architektur kritisiert.

Auf der einen Seite steht der Wunsch nach einer Rekonstruktion des im 2. Weltkrieg verlorenen Stadtbildes, dem mehr oder minder geschlossenen Block einer kompakten Stadt. Dieser Wunsch symbolisiert Tradition, Bürgerlichkeit und Vermögen – die gute alte Zeit verbunden mit den Potenzen der Gegenwart.

Auf der anderen Seite stehen die nach dem 2. Weltkrieg weiträumig wiederaufgebaute Innenstadt und periphere Siedlungsanlagen sowie Stadtteile mit Zeilenbauten und grünen Abständen dazwischen. Das ist die »gebaute DDR«, das abgeschriebene gesellschaftliche Projekt.
Persönliche biografische Bezüge wollen es, dass ausgerechnet diese Orte aus dem neuen Familienalbum vertraut sind. Die neuen Straßen und Gebäude sind Schauplätze für die Kindheit in den 1960er Jahren, als es in der DDR noch Werbung im Fernsehen gibt, große Häuser wie Symbole verstanden und neue Wohnungen wie eine Wohltat gefeiert werden.

Unser Vereinsmitglied Ralf öffnet für Euch zwar nicht sein Familienalbum, aber seine Ansichtskarten-Sammlung vom Magdeburg der 1960er Jahre und der darauffolgenden Jahre. Und wie es sich für ein Straßenbahn-Vereinsmitglied gehört, ist natürlich auf beinahe jeder Ansichtskarte auch eine Straßenbahn zu sehen. Natürlich wird er auch persönliche biografische Bezüge zu den Motiven herstellen.
Freut Euch also in den nächsten Tagen auf eine Straßenbahn-Reise durch die vom Wiederaufbau geprägte Magdeburger Innenstadt - aus dem Blickwinkel der Ansichtskarten-Fotografen.

Zum Start gibt es das Titelbild einer Ansichtskartenserie, die 1977 zum 100. Jubiläum der Magdeburger Straßenbahn aufgelegt wurde. Das ist auch schon wieder 44 Jahre her!

Urhebervermerk: Planet-Verlag Berlin | Foto: unbekannt | Alter Markt mit Magdeburger Reiter, Tatra-Doppeltraktion biegt in die Hartstraße ein | 1977 | Sammlung Ralf Kozica

(Inspiriert wurde die Ansichtskarten-Reise durch den Künstler und Ansichtskartensammler Reinder Wijnfeld und den Architekten Martin Maleschka. Text unter Verwendung von Passagen aus »Städtebau in Magdeburg 1945 – 1990«, Stadtplanungsamt Magdeburg, 1998)



Quelle: https://www.facebook.com/IGNah.net/photos/a.2020230394808868/2020230224808885

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Bevor der Wiederaufbau der am 16. Januar 1945 zerstörten Stadt beginnen konnte, wurde weiträumig enttrümmert. Wer aus dem Hauptportal des Magdeburger Hauptbahnhofes trat, dem präsentierte sich viele Jahre lang eine nahezu leere Fläche bis hin zur Elbe. Auch nach dem Wiederaufbau blieben die Areale zwischen Bahnhofstraße und Otto-von-Guericke-Straße unbebaut. Die Straßenbahn-Trassen folgten dem alten Verlauf durch die Kantstraße, Bahnhofstraße und Am alten Theater, die verschiedenen Straßenbahn-Linien bedienten den Bahnhof eingleisig im Richtungsverkehr.

Zur zeitlichen Einordnung: Das Bild zeigt einen Gotha-Zug der Linie 12, der gerade die Haltestelle Kantstraße erreicht. Die Linie 12 verkehrte ab 1961 zwischen Westerhüsen und Olvenstedter Platz, dorthin ist der abgebildete Zug unterwegs.

Straßenbahnen dieses Zweiachser-Typs lieferte der VEB Waggonbau Gotha ab 1960 an die Magdeburger Verkehrsbetriebe. Die MVB startete im Frühjahr 1964 die Einführung des schaffnerlosen OS-Betriebs. Dazu wurden alle vorhandenen Gotha-Wagen auf der Linie 2 eingesetzt. Sie waren für den Zahlboxbetrieb bestens geeignet, denn sie besaßen selbsttätig öffnende und schließende Türen und die zur Ergänzung der optischen und akustischen Abfahrtssignaleinrichtungen erforderliche 24-Volt-Kleinspannungsanlage.

Das Aufnahmedatum des Fotos müsste also zwischen 1961 und 1964 liegen.

Urhebervermerk: Gebr. Garloff KG, Magdeburg | Foto: unbekannt | MAGDEBURG - Hauptbahnhof | undatiert | Sammlung Ralf Kozica



Quelle: https://www.facebook.com/IGNah.net/photos/a.2020230394808868/2020830484748859

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Beim Verlassen des Hauptbahnhofes fiel den in Magdeburg angekommenen Bahnreisenden das Hotel »International« in der Otto-von-Guericke-Straße ins Auge. Der Architekt Heinz Scharlipp erhielt im Wettbewerb für das Hotel »International« den 1. Preis und auch den Zuschlag für dessen Realisierung (1960 – 62, gemeinsam mit Günter Boy und H. Folgert). Es wurde 1963 als HO-Hotel eröffnet und ab 1965 in die neu gegründete Interhotel-Kette integriert. 1992 übernahm die Maritim-Gruppe das Hotel, ließ es 1993 abreißen und an gleicher Stelle einen Neubau errichten. Das neue Maritim-Hotel eröffnete 1995.

Die Bildagentur ADN-Zentralbild berichtete damals: Eines der schönsten und modernsten Hotels der DDR, das Hotel »International«, hatte am 27. Juli 1963 72 Tage vorfristig seine Pforten geöffnet. 425 Gästen stehen 361 komfortabel ausgestattete Zimmer zur Verfügung. Im Restaurant »Moskwa« mit 192 Plätzen und im Café »Wien« mit 190 Plätzen wird für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt. Außerdem stehen Frühstückszimmer, Räume für Tagungen u.a. zur Verfügung - abends lockt die exklusive »Juanita-Bar«.

Ein Gotha-Gelenkzug biegt aus der Straße Am alten Theater in die Otto-von-Guericke-Straße ein. Vermutlich ist er auf der Linie 2 in Richtung Buckau unterwegs. 1961 erhielt die MVB vom Waggonbau Gotha 2 Fahrzeuge des aus dem T-57 entwickelten und als Einrichtungsfahrzeug ausgeführten Gelenkwagen-Typs G 4-61. Ab 1965 fuhr die Linie 2 über die Karl-Marx-Straße. Das Foto ist daher vermutlich zwischen 1963 und 1965 aufgenommen worden. Die Karte trägt auf der Rückseite den Poststempel 24.7.1967.

Urhebervermerk: Gebr. Garloff KG, Magdeburg | Foto: unbekannt | MAGDEBURG – Otto-von-Guericke-Str. | undatiert | Sammlung Ralf Kozica



Quelle: https://www.facebook.com/IGNah.net/photos/pcb.2021322794699628/2021320361366538/

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Diese Karte zeigt einen Gotha-Großraumzug, der in die Haltestelle vor dem Interhotel »International« in der Otto-von-Guericke-Straße einfährt. Der Waggonbau Gotha lieferte die vierachsigen Fahrzeuge des Typs T4-62/B4-61 zwischen 1962 und 1964 nach Magdeburg. Sie waren nur wenige Jahre auf der Linie 3 im Einsatz. Mit der Einführung der Tatra-Wagen wurden alle Gotha-Großraumwagen 1969/70 an die Berliner Verkehrsbetriebe BVB abgegeben.
Die Karte wurde am 3.12.72 abgestempelt. Das Foto entstand zwischen 1963 und 1970.

Urhebervermerk: Graphokopie H. Sander KG, 1071 Berlin | Foto: unbekannt | Magdeburg – Interhotel »International« | undatiert | Sammlung Ralf Kozica



Quelle: https://www.facebook.com/IGNah.net/photos/pcb.2021322794699628/2021320371366537

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Der als Linie 2 beschilderte Gotha-Dreiwagenzug macht die Typenparade der Gotha-Wagen vor dem Hotel »International« komplett. Die selbst heute noch modern und formschön wirkenden Fahrzeuge des Typs T-57/B-57 lieferte der VEB Waggonbau Gotha 1960 als Zweirichtungswagen. Sie wurden bereits 1965 zu Einrichtungswagen umgebaut. Das Aufnahmedatum des Fotos ist zwischen 1963 und 1965 anzusetzen.

Urhebervermerk: Gebr. Garloff KG, Magdeburg | Foto: unbekannt | Magdeburg – Hotel »International« | undatiert | Sammlung Ralf Kozica



Quelle: https://www.facebook.com/IGNah.net/photos/pcb.2021322794699628/2021320374699870

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